Wie lernt man die Grand Tactical Series?

GTS hat mich lange fasziniert und gleichzeitig abgeschreckt. D-Day oder Market Garden auf Stufe Kompanie? Das klingt nach einem mächtigen Gefummel mit vielen Countern und stundenlangen Zügen. Letztenendes hat die Neugier gesiegt und ich stelle fest: Man kann GTS lernen.

Die Basics

Die Spiele der Grand Tactical Series von Multi-man Publishing sind wunderschön, das sei mal vorausgeschickt. Preislich sind die Spiele kein Fall für den Gelegenheitskauf. Aber es wird einiges geboten: Zahlreiche Maps in verschiedenen Grössen und eine hochdetaillierte OOB, eine hohe Replayability und ein durchdachtes Einsteigerprogramm rechtfertigen den Preis. Dazu kommen noch die hervorragenden VASSAL Module.

Im Herz dieses Monsters schlägt ein Chit-Pull-System. Ein beliebiger Spieler zieht einen Counter aus einer Vielzahl von Gratis-Chits, sowie solchen die beide Spieler vorher mittels sogenannten Dispatch-Points gekauft haben. Chits können Events anstossen, ganze Divisionen oder kleinere Formationen aktivieren, oder gar als Art “Carte Blanche” alle Einheiten einer Seite zum kommandieren freigeben. Sorgfältig beordert der hoffentlich nicht komplett überforderte General die korrekten Einheiten, dann wird der nächste Chit gezogen. So geht das weiter, bis der letzte Chit aus der Kaffeetasse kommt. Dieser bleibt liegen und wird zum ersten Chit des neuen Zugs.

Nebst dem Gefecht gibt es allerlei Organisatorisches zu erledigen. So kommen Verstärkungen in ihre Holdingboxen, diese werden dann bei der Aktivierung ihrer Division ins Feld geführt. Formationen erhalten neue Command- und Dispatch-Punkte. Artillerieparks können gebildet werden und Leader auf der Map können sich darin versuchen, mit ihnen Kontakt aufzunehmen um zu gegebener Zeit die tödliche Fracht auf anrückende Gegner niedergehen zu lassen. Bei Operation Mercury können auch noch einzelne Battalionen neuen Regimentern unterstellt werden.

Lesen und Zuschauen

Niemand wird darum herumkommen, sich das System erklären zu lassen. Das Regelwerk macht das auch ganz gut, es ist in einer Art “Dialog” verfasst:

10.0.5. What if my Direct Command Chit is drawn?
If you draw your Direct Command Chit you now get to activate ANY of your non-independent, In Command Units (all but white and black striped Units). All you have to do is spend one Command Point for each Unit that you activate. You may activate Units in any order. The definition of “In Command” is in the Command rules section (see Rule
21.0).

Das liest sich sehr angenehm. Mein Hirn wäre aber niemals in der Lage nach einmaligem Durchlesen der 40 Seiten Grundregeln und weiteren 44 Seiten Spezialregeln für den Titel (in meinem Fall Operation Mercury) ein Spiel zu starten. Aber dafür gibt es gottseidank Youtube.

Diese Playlist ist ein hervorrangender Einstieg ins System:

“Wargaming : Grand Tactical Series tutorials – Multiman Publishing” von Lee Forester und Nathan [Wise Guy History].

Ich habe Eingangs das “Einsteigerprogramm” erwähnt. Im nächsten Video führt uns Ty Snouffer durch das kleinste Einsteigerszenario von Where Eagles Dare. Es beinhaltet lediglich acht Einheiten!

Auch Operation Mercury hat ein solches Einsteigermodell. Die zahlreichen Szenarios sind danach quasi der “Grösse” nach beschrieben. So kann sich ein motivierter Spieler langsam in Richtung Kampagne durcharbeiten. Das ist ein hervorragender Weg Einsteigerfrust zu verhindern!

Es lohnt sich in den “Files” Bereichen der verschiedenen Titeln der Serie auf BGG vorbeizuschauen. Dort warten viele Player Aids, welche einem das erste Spiel weiter erleichtern werden.

Achtung Regelpuff

Nach einigen Jahren wurde das System regeltechnisch komplett überarbeitet. Dabei sind die “GRAND TACTICAL SERIES RULES v2.0” entstanden. 1.x und 2.0 sind nicht kompatibel und auch die Titel sind es nicht, es spielt also eine Rolle mit welchen Regeln man welchen Titel spielt.

1.x2.x
The Devil’s Cauldron: The Battles for Arnhem and Nijmegen (2008)
Where Eagles Dare: The Battle for Hell’s Highway (2011)
No Question of Surrender: The Battle for Bir Hacheim (2012)
The Greatest Day: Sword, Juno, and Gold Beaches (2015)❎*
Operation Mercury: The Invasion of Crete (2017)
Race For Bastogne (2022)
Strike: Counter Strike – 4th Armored vs Panzer Lehr along the Saar (2023)
* TGD wurde für die damals brandneuen 2.0 Regeln entwickelt. Aus Gründen jenseits der Vernunft wurde das Spiel dann aber mit dem 1.1 Regelwerk ausgeliefert. TGD sollte mit 2.0 gespielt werden.

Man kann für einzelne Bereiche (z.B. Artillerie, Strongholds, LOS) einfach die neuen Regeln benutzen, dies ist aber auf keinen Fall ausbalanciert. Benutzer granlid hat auf BGG eine Übersicht erstellt.

Ein Fazit bleibt geschuldet

Noch bin ich nicht in der Lage das System, oder gar Operation Mercury, zu bewerten. Dafür habe ich auch noch viel zu viel Spass damit! Ich werde also die Invasion Kretas in einem späteren Artikel näher vorstellen.


Author: Reto Eggimann