OCS mit Sicily II – Interceptions

Seit meiner letzten Operational Combat Series Kampagne ist es ein Weilchen her. Nach dem erfolgreichen Abschluss von Market Garden (PBEM) wagen mein Mitspielder und ich mit Sicily II ein neues Abenteuer mit OCS. In unregelmässigen Episoden möchte ich von meinen Erfahrungen mit dieser spannenden Kampagne berichten.

General bleib bei deinen Leisten

OCS hat so seine Art, die Spieler auf der richtigen – der operationellen – Flugebene zu behalten. Das Nachschubsystem beispielsweise verunmöglicht es dem angehenden General, an jeder Front zu kämpfen wie das in den meisten Wargames üblich ist. Nicht jede Überlegenheit kann oder soll ausgenutzt werden, jede Aktion hat ihre Risiken, Belohnungen und vor allem Kosten. Verlässt ein Spieler diese vorsichtige, langsame und methodische Ebene des Spielens, folgt oft umgehend die Strafe. Von so einem Beispiel handelt dieser Text.

Die Allierte Flotte als Ziel

Sicily II hat ein einfaches Victory Point System: Punkten kann nur der Achsenspieler. Die Achse punktet, je länger sie im Spiel bleibt, je mehr “gute” Steps sie aufs Festland evakuiert und je mehr Schiffe der Allierten sie versenkt. Schiffe versenken ist höchst attraktiv, da bei Naval Air Barrages keinerlei Shifts passieren und die eigene Barragestärke verdoppelt wird. Dies ergibt bei jedem solchen Angriff eine hohe Wahrscheinlichkeit eines Step Losses beim Ziel, zwei davon versenken ein Schiff. Der Eintrittspreis hat es aber in sich – aufgrund der starken Flugabwehr der Schiffe ist ein Step Loss bei den Angreifern i.d.R. unumgänglich.

Unter dem Strich ist es eine gute Strategie, Air Steps zu investieren um Schiffe zu versenken. Ein Schiff im Dead Pile ist praktisch ein Siegpunkt, schon ab sechs Siegpunkten kann der Alliierte nicht mehr gewinnen. Dazu kommt, dass Schiffe nicht “wiederaufgebaut” werden können. Solche VP sind also sicher auf der Bank.

Die Lage auf dem Kartentisch präsentiert sich folgendermassen: Mein Gegner greift über zwei Züge wiederholt meine Flotte im Golf von Catania an. Dabei habe ich die Option, Abfangjäger von der HMS Indomitable oder von einem Level 2 Flugfeld ausserhalb von Cassibile aufsteigen zu lassen. Die Armada meines Gegners ist für mich sichtbar*. Ich bin wild entschlossen, zwei Mal von Land und ein Mal vom Träger aus einen Abfang zu starten.

Als Verteidiger zuckt in dieser Situation halt mein Abzugsfinger: Dringt eine Armada in meinen Luftraum ein um meine Schiffe zu bombardieren, will ich instinktiv meine Abfangjäger aufsteigen lassen um meiner Flotte zu helfen. Wenn ich diesem Impuls aber ohne konkreten Plan nachkomme, kann dies desaströse Resultate herbeiführen.

To intercept or not to intercept

Luftangriffe können unter den korrekten Bedingungen abgefangen werden. Dazu lässt der Verteidiger ein Geschwader Abfangjäger aus einer Patrol Zone aufsteigen und versetzt den Counter in den Angriffshex. Es kommt zum Luftkampf, wobei der Angreifer im für ihn besten Fall ein mitgebrachtes Geschwader Jäger in den Kampf schickt, im schlechtesten Fall etwas anderes.

Der Luftkampf selbst ist eine simple Angelegenheit. Zwei Würfel + die Differenz in Stärke von Interceptor und Angreifer und drei mögliche Resultate: Angreifer, beide oder Interceptor gehen inaktiv nach Hause. Ein weiterer Würfel entscheidet beim “Abort” über Step Loss oder nicht.

Was kostet eine Interception?

Wie so vieles in OCS kostet eine Interception direkt nichts, indirekt aber unter Umständen so einiges. So muss beispielsweise direkt kein Supply bezahlt werden. Trotzdem kann eine Interception von Fall zu Fall unterschiedlich hohe Sekundärkosten haben:

  • Im Kampf beschädigte Jäger können nur teuer mittels Air Replacement Steps repariert werden. Die Chance einen solchen Step zu erhalten liegt bei 54.55% (Allies pro Nation) und 36.36% (Axis pro Nation) pro Spielrunde.
  • Im Kampf deaktivierte Jäger können für den Preis von 1T Supply wieder aktiviert werden. Dabei ist die Grösse des Airfields gleich der Anzahl pro Spielrunde aktivierbarer Jäger**. Auf Sizilien sind die meisten Flugfelder Grösse 1 oder 2.
  • Im Kampf erfolgreiche Jäger hingegen können gratis und franko wieder auf einem Flugfeld landen und müssen, im Gegensatz zu regulären Missionen, nicht deaktiviert werden.

Es lohnt sich, die aus dem obigen Air Combat Table abgeleiteten Wahrscheinlichkeiten mal auszurechnen. Dabei konzentrieren wir uns aus der Sicht des Interceptors nur auf unsere Kosten und unterscheiden entsprechend nur zwischen zwei Resultaten: Positiv (der Angreifer “aborted”) und Negativ (beide oder nur wir “aborten”). Dabei lassen wir die Wahrscheinlichkeit eines etwaigen Step Losses weg. Diese liegt bei einem Abort in jedem Fall bei 33.34%, ob Angreifer oder Interceptor.

Es fällt sofort auf, dass die Chance auf ein positives Resultat erst bei einem Stärkeverhältnis (DRM) von +1 über 50% steigt. Als Allierter Spieler ist das ein Problem, solange die Achse über einsatzfähige BF-109G mit Stärke 5 verfügt. Die Allierten haben keine Jäger mit mehr als Stärke 5. Eine Interception im 1:1 Stärkeverhältnis und mit 45.45% Chance auf Erfolg ist also das höchste der Gefühle gegen BF-109G. Ich persönlich spüre erst bei einer Wahrscheinlichkeit ab 60% ein wohliges Gefühl – dafür ist schon ein +2 DRM notwenig.

Was bringt eine Interception?

Eine Interception zwingt den Angreifer in einen Luftkampf, bei dem die erste Runde obligatorisch ist. Wie die Chancen dabei stehen einen Abort zu provozieren, habe ich oben beschrieben. Im Erfolgsfall bleibt der Interceptor im Hex und es kommt zur nächsten Paarung, es sei denn der Angreifer “aborted” alle seine Geschwader, um Step Losses zu verhindern. Dies verhindert auch die Air Barrage auf den Hex.

Eine Air Barrage Mission kann aus maximal vier Geschwadern bestehen. Dabei muss der Angreifer die Balance zwischen Barragestärke (viele Bomber) und Schutz der Mission vor Interception (viele Jäger) finden. Sieht sich der Interceptor mit einer Air Barrage Mission ohne Geleitschutz konfrontiert, ist eine Interception immer lohnenswert. Bomber haben i.d.R. eine Kampfstärke von 1 oder 2, das gibt ein wohliges Kräfteverhältnis im Luftkampf, was die Risiken senkt. Man dürfte eine solche Mission in die Patrol Zone eines Gegners durchaus als selbstmörderisch bezeichnen.

Selbst bei einem einzigen Jäger als Geleitschutz darf sich der Interceptor aber fragen, ob sich die ganze Sache überhaupt rechnet – jedenfalls mit dem Ziel, einen Angriff auf den Hex zu verhindern. Die Chancen bis zu den Bombern durchzukommen, also den Fighter zu “aborten” und selbst im Kampf zu bleiben, sind bei guter Qualität des Geleitschutzes relativ gering und erst in der darauffolgenden Runde wird der Angreifer seinen Angriff abbrechen, um weitere Step Losses bei den Bombern zu verhindern.

Das Ziel könnte angepasst werden: Ziel könnte beispielsweise sein, dem Gegner schwer zu ersetzende Step Losses zuzufügen. Oder seine BF-109 Flotte zu dezimieren. Das kann sich mittelfristig lohnen, man muss nur bedenken dass ein Investment an eigenen Steps unumgänglich ist.

Die strategische Lage macht den Unterschied

Anfänglich verfügt der Allierte Spieler über wenig Supply und winzige Flugfelder. Muss er bspw. in einem Zug zwei oder gar drei Abfangjäger deaktivieren, wird er entsprechend viele Runden brauchen, um diese Assets wieder in den Kampf führen zu können. Das ist ein sehr hoher Preis und in meiner aktuellen Lage in Zug 2 kaum zu rechtfertigen.

Wenn zu einem späteren Zeitpunkt in der Kampagne grössere Flugfelder und mehr Supply zur Verfügung stehen, kann sich die Perspektive ändern. Es blieben lediglich die Kosten zur Wiederherstellung von Step Losses und dies dürfte die Chance auf Interception erhöhen. Als Allierter Spieler wäre ich aber zurückhaltend was die Verheissung auf zukünftig grössere Flugfelder betrifft. Dieser Ausbau ist äusserst kostspielig und zeitaufwändig.

Mein Fazit

Meine zwei Interceptions in Zug 2 von einem Level 2 Flugfeld (also eigentlich 1 für mich, siehe **) sind kaum zu rechtfertigen. Der trägerbasierte Abfang ist nur wenig besser, da er wenigstens keinen Supply zur Reaktivierung kostet. Am Ende habe ich drei Geschwader deaktiviert, zwei Step Losses erlitten und lediglich einen BF-109G Step Loss beim Gegner herbeigefügt***. Ich hätte besser das Excel früher gestartet und den Finger vom Abzug genommen. Schön habe ich etwas dazugelernt!

* Mein Mitspieler und ich spielen ohne Fog of War. Wäre dies anders besagt OCS Regel 4.8bE trotzdem, dass bei einem Stack von Flugzeugen ein vorhandener Jäger zu oberst in den Stack gehört. Somit weiss man auch mit Fog of War, ob sich eine Interception lohnt. 
** Reguläre OCS Regeln. In unserer Hausregel 1.9b Slow Refit können alle Flugfelder der Allierten auf der Insel nur ein Geschwader pro Zug reaktivieren. 
*** Dass mein Gegner mir einen Kreuzer versenkt hat, kann ich nicht der Interception in die Schuhe schieben.


Author: Reto Eggimann